Kleine Baugeschichte Teil 2

Die Jahre 1822-1907: Mehr Licht! - Bauliche Veränderungen und eine neue Theologie (1822-1907)

1822 wurde die Karolinenkirche feierlich eingeweiht (siehe Teil im letzten Gemeindebrief). Gleichwohl blieb sie aus heutiger Sicht noch längere Zeit unvollendet. Errichtet mit den geringstmöglichen Mitteln blieb die Fassade bis 1839 unverputzt, auch der Altar, die Kanzel und die Kirchenbänke waren vermutlich ohne jede Farbfassung. Nur die Wände waren wie heute weiß gekalkt. Ein neuer Glanz zog 1824 in die Kirche ein: Max-Joseph schenkte der Gemeinde die 1738 erbaute Chororgel aus dem ehemaligen Kloster Tegernsee, welches das Königspaar zuvor erworben hatte.

Bereits bei der Einweihung hatte Pfarrer Tretzel vermerkt: „Wenn man aussen die Höhe der Fenster wahrgenommen hat, nicht ohne Besorgniß, daß es innen an Licht fehlen möchte: so ist der freundlich-heitere Schein, der bey dem Eintritt in die Kirche entgegen kommt, umso überraschender.“ Auf längere Sicht war es dann doch zu dunkel und so wurden 1852 die halbkreisförmigen Fenster auf die heutigen Maße vergrößert und „die ganze Kirche inwendig blaßgrün, Thüren und Kirchenstühle eichenholzartig angestrichen“.

Neben dem häufigeren Wechsel der Farbigkeit im Innenraum ist auch die ständige Reparaturbedürftigkeit der Kirche auffällig. Was man beim Bau eingespart hatte, wurde später umso teuer. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden die bayerischen Protestanten, die ja zunächst sowohl Lutheraner als auf Reformierte verband, immer „lutherischer“. Statt eines zentralen Raumes auf einer Ebene wurde der Altar nur auf ein Podest gestellt und darauf große, bronzefarbene Leuchter positioniert. Bilder vom Pfingstfest und von der Geburt Christi und das markante Bibelworte Jeremias 22,29 hinzu: „O Land Land Land - Höre des HERRN Wort“ veränderten den ursprünglich schlichten, klassizistischen Raumeindruck. 1878 erwarb die Kirchengemeinde ein Tragkreuz von Gold- und Silberarbeiter Nikolaus Fastlinger aus Rosenheim.

1889 wurde der schließlich der immer wieder morsch gewordene Bretterboden durch die das noch heute vorhandene, dreifarbige Mosaikpflaster des Tonwerks Kolbermoor ersetzt. Damit war die Teilung des Raumes in einen prächtigeren, heiligen Altarraum und einen schlichteren Bereich für die Gemeinde vollzogen. Im Jahr 1892 kam es zu einer neuerlichen Innenrenovierung, die vermutlich in dekorativer Hinsicht die bis dahin aufwendigste gewesen sein dürfte: "das ganze Innere der Kirche [wurde] mit passender Leimfarbe gemalt, nicht mit bloßer Kalkfarbe angestrichen und … mit würdigen Zier-Linien und Figuren versehen", heißt es in der Chronik. Auch die damals noch 26 (!) Bänke erhielten eine eichenholfarbige Maserierung.

Bereits 1884 kam es zu ersten Überlegungen, den ebenfalls ständig maroden Dachreiter durch einen massiven Kirchenturm zu ersetzen. Wie so manche angedachten Bauvorhaben war auch dieses 20 Jahre lange an der Finanzierung gescheitert. 1905 wählte man zwischen drei Entwürfen kostengünstigste Variante. Die Grundsteinlegung erfolgte am 9. April 1907. In diesen Stein legte man eine Zinkkassette eine Urkunde mit der Ortsgeschichte sowie Bildnisse der Kirche. Eine bayernweite Kollekte ermöglichte es der stets armen Gemeinde, das Material und insgesamt 589 Maurer- und 279 Tagelöhnerstunden zu bezahlen. Bereits am 20. Oktober wurde die Einweihung gefeiert. Nach der Fertigstellung des Turmes wurden zwei neue Glocken (650 kg, Ton g und 300 kg, Ton h) sowie ein eiserner Glockenstuhl aus Thüringen erworben.